Viren sind nicht unsere Feinde
Von Missverständen im Umgang mit den Kleinsten
Viren haben heutzutage keinen guten Ruf. In den Gesprächen mit Freunden oder Bekannten, wird das Wort „Virus“ automatisch mit etwas Negativen verbunden. Dabei werden oftmals aus Unkenntnis Unwahrheiten verbreitet, die wiederum für Verwirrung und Angst sorgen können. Das Wort „Virus“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Saft, Schleim, Gift. Also „Nomen est Omen?“
Zuallererst: Viren sind keine Bakterien! Der Mensch ist tatsächlich näher mit einem Bakterium verwandt als die Viren mit den Bakterien. Das liegt daran, dass die Viren überhaupt gar keine Lebensformen sind. Bakterien hingegen sind lebende Zellen mit einem eigenen Stoffwechsel. Viren sind aber auch nicht tot wie ein Gesteinsbrocken. Daher bezeichnet man sie gerne als „Grenzgänger am Rand des Lebens“.
Die meisten Viren sind harmlos
Wir kennen Viren meist als Krankheitserreger, welche die Ursachen verschiedenster Infektionen und Erkrankungen sind. Diese Erreger haben ihren festen Platz in der Geschichte und waren Auslöser von großen Menschheitsdramen. Doch waren es meist externe Faktoren, wie mangelnde Hygiene bzw. fehlende Abfallentsorgung, die letztendlich für die Erkrankungen verantwortlich waren. Denn die meisten Viren existieren friedlich mit uns und bilden zusammen mit den menschlichen Zellen und den Bakterien den eigentlichen Menschen. Sie sind die ältesten biologischen Elemente auf der Erde. Während die ersten Urzellen vor 3,8 Milliarden Jahren entstanden, waren sie schon 100 Millionen Jahre vorher auf unserem Planeten! Sie sind sozusagen die „Mutter aller Lebensformen“ und haben die Zellen massgeblich bei ihrer Entwicklung begleitet. Ironischerweise wird aber die Mutter selbst nicht zu einer Lebensform gezählt.
Die Hälfe des menschlichen Erbguts besteht aus Virenresten. Sie besitzen die Fähigkeit sich in unseren Zellen in das Erbgut einzulagern und sich auch mit diesem zu vermehren.
Die Viren leben in uns in einem fein austarierten Gleichgewicht. Sie haben kein Interesse ihren Wirt zu zerstören. Wird das Gleichgewicht jedoch von außen gestört, so können Krankheiten entstehen.
Mehr Viren als Sterne am Himmel
Es gibt mehr Viren als Sterne am Himmel. Unser Planet wird von ca. 1033 Viren besiedelt, 1031 Bakterien und 1010 Menschen. Sterne gibt es ungefähr 1025. Dies können wir mit dem Alter der Viren, aber auch mit ihrer höchst angepassten Art sich zu vermehren, erklären. Denn im Unterschied zu einem Bakterium, benötigt das Virus einen Wirt: dies kann ein Mikroorganismus oder ein Vielzeller wie der Mensch sein.
Viren können sich nicht selbst vermehren
Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und können deshalb ihre Bausteine nicht selber herstellen. Die genetische Information dazu tragen sie jedoch in ihrer Erbsubstanz. Daher muss ein Virus nur an eine Zelle andocken und die Erbsubstanz in die Zelle einbringen. Aus diesem Grund besteht ein Virus nur aus DNA oder RNA und Proteinen. In der Zelle übernimmt die DNA oder RNA des Virus die Führung und bringt die Stoffwechselsysteme des Wirtes unter seine Kontrolle: die Zelle wird zu einer riesigen Virenproduktionsmaschine, die schlussendlich Zehntausende Viren in die Umgebung freilässt und dabei selber platzt. Dies nennt man den lytischen Zyklus.
Eine Zerstörung ist aber nicht immer günstig für das Virus. Deswegen kann sie sich auch in das Erbgut des Wirtes einlagern und sich mit diesem vermehren. Dies wird lysogener Zyklus genannt. Ein Virus kann auch von einem lysogenen Zyklus in einen lytischen Zyklus übertreten. Das Herpesvirus ist ein Beispiel dafür.
Es gibt kein „virenfrei“
Der Mensch ist in seinem Umfeld ständig von Viren umringt. Allein durch das Essen eines Salatblattes werden unzählige davon in den menschlichen Körper eingebracht. Wir schwimmen regelrecht in einem Meer aus Viren.
Daher ist die Überzeugung „virenfrei“ leben zu können ein gefährlicher Irrtum. Dafür müssten wir allein schon unsere eigenen 10.000 Billionen Viren in unserem Körper eliminieren und auch deren Reste in unseren Zellen, was unweigerlich unseren Tod zur Folge hätte. Ein Virus kann durch jede Körperöffnung unseres Körpers eintreten. Mit einer durchschnittlichen Größe von nur 10 bis 350 nm ist es klein genug um in jeden noch so versteckten Winkel zu gelangen. Das Verkleben von Mund und Nase mit speziellen virendichten Masken ist nicht ausreichend, denn sie können auch über die Augen eintreten. In Speziallabors schützen sich Forscher durch spezielle Anzüge. Aber auch diese bergen Gefahren, weil feinste Risse oftmals unerkannt bleiben.
Für die Massenmedien sind Viren unsere Feinde
Massenmedien benutzen gerne reißerische Schlagzeilen für besonders hohe Klickraten und erwecken dadurch den Eindruck, dass wir im „Krieg“ mit den Viren sind. Dabei ist das völlig an der Wahrheit vorbei. Wir befinden uns in einem Gleichgewicht! Und wenn das Gleichgewicht doch mal gestört wird, dann besitzt der Mensch die wichtigste Abwehr gegen Infektionen, die ihm sein Überleben bisher ermöglicht hat: das Immunsystem.
Unsere Superwaffe: das Immunsystem
Ein durch ausreichend Bewegung mobilisierter Körper, der auch mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt wird, hat ein hocheffizientes Immunsystem, welches Schutz vor fast allen bekannten Erregern bietet. Dabei liegt aber die Betonung auf der Versorgung! Bewegungsmangel und falsche Ernährung lassen unsere Immunzellen „träge“ werden und das Gleichgewicht gerät in Gefahr. Auf einmal kann sich ein Virus stärker vermehren als beabsichtigt, weil der Mensch seine wichtigste Abwehrwaffe, das Immunsystem, vernachlässigt hat.
Der Griff zu Medikamenten, welche das Immunsystem stärken oder die Bildung von Antikörpern stimulieren, ist aber nicht notwendig. Oft übersteigen die Risiken dieser Wirkstoffe bei weitem den Nutzen. Es kann nicht oft genug betont werden: der Mensch benötigt im Regelfall keine Medikamente! Ein bewusster Ernährungsstil, der die Versorgung mit allen (!) Nährstoffen sicherstellt und ausreichende (!) lebenslange Bewegung reichen für die meisten Menschen um das Immunsystem zu stärken, und damit ein langes und gesundes Leben sicherzustellen.
Unsere eigene Trägheit ist unser allergrößter Feind
Wir haben es jedoch verlernt für uns und unser Immunsystem zu sorgen. Lieber verlassen wir uns auf die scheinbar schnelle Hilfe von aussen, nehmen regelmäßig Medikamente und schaden dadurch in ganz erheblichen Maße unserem Körper und unseren Zellen. Der Griff zum Medikamentenschrank erscheint weniger anstrengend als der Sprung von der Couch. Dabei merken wir nicht, dass wir dadurch in ein Leben abdriften, welches von Krankheiten, und niederer Qualität geprägt ist.
Und das ist ganz sicher nicht die Schuld der Viren! (JS)
Adobe Stock / Tartila – stock.adobe.com
Header: Adobe Stock / Siarhei – stock.adobe.com