SCFA: Bakterielle Booster

Zuletzt aktualisiert: Feb. 10, 2025 | Körper

SCFA: Bakterielle Booster

Wenn über probiotische Bakterien gesprochen wird, fällt auch immer das „Zauberwort“ SCFA. Dabei handelt es sich um kurzkettige Fettsäuren, die ein Produkt der hilfreichen und guten Bakterien sind. Doch was genau sind SCFA, wie ist ihre Wirkungsweise, und warum sind sie so einzigartig?

Probiotische Bakterien sind auf dem Vormarsch. Das zunehmende Wissen um das Mikrobiom und die positiven Auswirkungen von guten, also nützlichen, Bakterien führt dazu, dass sich immer mehr interessierte Menschen mit ihrer Ernährung und den in ihrem Körper vorkommenden Bakterien beschäftigen. Dabei stellt sich die Frage: Was macht eigentlich die guten Bakterien so nützlich? Eine Antwort darauf ist, dass das Mikrobiom kurzkettige Fettsäuren (SCFA) produziert.

Was sind die SCFA der Bakterien?

Zunächst etwas grundlegende, aber sehr einfache Chemie: SCFA steht für den englischen Ausdruck „short chain fatty acids“ und bezeichnet Stoffe, die vor allem im Dickdarm gebildet werden, wenn dort lebende Bakterien Ballaststoffe aus unserer Nahrung fermentieren, also verarbeiten. Chemisch beschrieben sind sie eine kurze Kohlenwasserstoffkette mit einer Methylgruppe und einer Carboxylgruppe an ihren Enden. Sie bestehen in der Regel aus zwei bis sechs Kohlenstoffatomen. Kurzkettige Fettsäuren sind Essigsäure (Acetat, zwei Kohlenstoffatome), Propionsäure (Propionat, drei Kohlenstoffatome), Buttersäure (Butyrat, vier Kohlenstoffatome), Valeriansäure (Valerat, fünf Kohlenstoffatome) und Capronsäure (Capronat, sechs Kohlenstoffatome).

Bei Acetat mit seinen zwei Kohlenstoffatomen besteht die gesamte Kette nur aus der Methylgruppe und der Carboxylgruppe. Je länger die Kette, desto mehr Kohlenstoffatome liegen dazwischen. Das ist alles. Es sind einfach nur recht kurze Kohlenstoffketten.

In der Kürze liegt die Würze

Und genau darin liegt der Vorteil dieser kurzen Ketten. Da sie so klein und handlich sind, können sie relativ problemlos in menschliche Zellen eindringen und an Rezeptoren binden. Dadurch haben sie eine wichtige Funktion im Stoffwechsel und Immunsystem. Zum Beispiel können sie im Dickdarm von den Zellen der Darmschleimhaut schnell aufgenommen werden und dienen dort als Hauptenergielieferant.

Durch die Kürze sind sie wasserlöslich und können sich daher gut verteilen. Im Darm gelangen die SCFA, die durch das Mikrobiom gebildet wurden und nicht von den Darmepithelzellen aufgenommen werden, direkt durch die Darmwand oder mit Hilfe von Transportern direkt in das Blut. Der größere Teil der übrig gebliebenen SCFA wird jedoch zunächst über die Pfortader zur Leber transportiert und gelangt erst von dort in den systemischen Kreislauf.

Kurzkettige Fettsäuren dringen durch die Darmepithelwand.
Kurzkettige Fettsäuren durchdringen die Darmwand und geraten in den systemischen Kreislauf.

Der systemische Kreislauf

Der systemische Kreislauf ist der „große“ Kreislauf, der das sauerstoffreiche Blut von der linken Herzhälfte über die Aorta in alle Körperregionen verteilt und dann das verbrauchte, also sauerstoffarme, Blut über die Venen wieder zurück in die rechte Herzhälfte bringt, von wo es in die Lunge gepumpt wird (kleiner Kreislauf), dort mit Sauerstoff angereichert wird und über den kleinen Kreislauf wieder zur linken Herzhälfte gelangt.

Der systemische Kreislauf ist der „große“ Kreislauf, der das sauerstoffreiche Blut von der linken Herzhälfte über die Aorta in alle Körperregionen verteilt und dann das verbrauchte, also sauerstoffarme, Blut über die Venen wieder zurück in die rechte Herzhälfte bringt, von wo es in die Lunge gepumpt wird (kleiner Kreislauf), dort mit Sauerstoff angereichert wird und über den kleinen Kreislauf wieder zur linken Herzhälfte gelangt.

Wirkung der SCFA der Bakterien

Die SCFA haben eine mannigfaltige Wirkung im Körper.

Energiequelle

Butyrat ist die Hauptenergiequelle für die Epithelzellen des Dickdarms, die sogenannten Kolonozyten. Die Integrität der Darmschleimhaut wird dadurch unterstützt, und sie verhindert, dass Mikroorganismen in den Blutkreislauf gelangen.

Entzündungshemmend

SCFA wirken entzündungshemmend, indem sie verschiedene Signalwege beeinflussen. Zum Beispiel hemmen sie eine übermäßige Ausschüttung von Zytokinen, den Botenstoffen des Immunsystems. Diese sind zwar erforderlich, wenn der Körper auf Infektionen und Verletzungen reagiert; SCFA sorgen jedoch dafür, dass die Immunantwort ausgeglichen ist und nicht überschießt oder chronische Entzündungen entstehen.

Immunstärkend

Durch die Regulierung einer ausgeglichenen Zytokinausschüttung wirken die SCFA immunstärkend und sorgen dafür, dass der Körper besser auf Bedrohungen reagieren kann.

Besserer Blutzuckerspiegel

Durch geringere Entzündungen wird eine bessere Insulinsensitivität begünstigt, weil die Körperzellen wieder stärker auf Insulin reagieren und Glukose effizient aufnehmen können.

Gewichtskontrolle

SCFA wirken auf bestimmte Zellen, die dann verstärkt Hormone ausschütten, welche wiederum das Hungergefühl reduzieren, indem sie dem Gehirn signalisieren, dass genug Energie aufgenommen wurde. Zusätzlich wird verstärkt Insulin ausgeschüttet, wodurch der Blutzuckerspiegel stabilisiert und das Hungergefühl weiter reduziert wird. SCFA sind also perfekt dafür geeignet, auf natürliche Weise Heißhunger zu vermeiden.

Darmflora

SCFA unterstützen grundsätzlich ein gesundes Gleichgewicht der Darmflora und sorgen für eine hohe Diversität.

Reduktion des Darmkrebsrisikos

Butyrat kann das Risiko für Darmkrebs senken, indem es entartete Darmzellen zum programmierten Zelltod anregt. Dadurch wird verhindert, dass sie sich zu einem Krebsgeschwür ausbilden.

Cholesterinspiegel

Vor allem Propionat kann die Aktivität bestimmter Enzyme in der Leber reduzieren, die für die Cholesterinbildung verantwortlich sind. Überdies wird das LDL-Cholesterin günstig beeinflusst.

Gehirngesundheit

Der Darm kommuniziert kontinuierlich mit dem Gehirn, zum Beispiel über Nervenverbindungen wie dem Vagusnerv. SCFA können dabei als Signalstoffe dienen, die diese Kommunikation unterstützen.

Unterstützung des Knochenstoffwechsels

Butyrat verringert Entzündungen und verhindert damit eine übermäßige Aktivierung von Osteoklasten, die für den Abbau von Knochengewebe verantwortlich sind. So wird das Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und -abbau positiv beeinflusst.

SCFA haben damit eine Vielzahl positiver Effekte. Es lohnt sich, die guten Bakterien, welche diese Fettsäuren produzieren, zu aktivieren und zu fördern.

Ein Mann mit der Kraft der SCFA
Kurzkettige Fettsäuren wirken an verschiedenen Orten im Körper und haben dort mannigfailtige positive Wirkungen.

7 Tipps zur Förderung der Bildung von SCFA durch das Mikrobiom

Die Bildung von SCFA durch das Mikrobiom kann gezielt gefördert werden. Prinzipiell ist es egal, ob die SCFA durch Bakterien produziert oder auf andere Weise in den Körper eingebracht werden. Aber wie immer kommt es nicht nur auf die Endprodukte an. Die Bakterienpopulationen erfüllen noch viele andere wichtige Funktionen als nur die Bildung von SCFA. Der Körper muss immer gesamtheitlich betrachtet werden. Daher sollte immer darauf abgezielt werden, die natürliche Produktion von SCFA durch das Mikrobiom gezielt anzukurbeln.

Tipp 1: Ballaststoffe

Achte auf eine ballaststoffreiche Ernährung. Vollkornprodukte, Gemüse und Hülsenfrüchte sind voll von Nahrung für deine guten, SCFA-produzierenden Bakterien.

Tipp 2: Probiotika

Iss vermehrt probiotische Lebensmittel wie Joghurt, Kefir, Sauerkraut und andere fermentierte Produkte. Auch kommerzielle Probiotika können helfen.

Tipp 3: Bewegung

Sorry, wenn wir immer darauf zurückkommen: Aber du musst dich bewegen. Da führt kein Weg daran vorbei. Körperliche Aktivität unterstützt die Darmgesundheit.

Tipp 4: Zucker

Lass es. Verzichte auf Süßigkeiten und einfache Zucker. Wenn das nicht geht, dann reduziere den Konsum. Jedes Kuchenstück weniger hilft. Belohne dich stattdessen mit einem Stück Bitterschokolade.

Tipp 5: Prozessierte Lebensmittel

Prozessierte Lebensmittel sind nicht gut für dich. Du weißt es, und doch isst du sie, weil sie schnell zubereitet werden können. Lass es einfach.

Tipp 6: Stress

Beschäftige dich mit Meditation oder autogenem Training, um deinen Stress zu reduzieren. Versuch es. Es bringt dir so viel!

Tipp 7: Flüssigkeitszufuhr

Trink. Trink. Trink. Am besten eine elektrolythaltige Flüssigkeit wie Heilwasser. Oder gib zumindest eine Prise Salz in dein Glas Wasser hinzu.

Viele der Ratschläge wirst du bereits kennen. Aber das Geheimnis ist nicht, die Lösung zu kennen, sondern sie auch umzusetzen. SCFA, die durch das Mikrobiom gebildet werden, sind wahre Gesundheitsbooster. Es lohnt sich, die Bakterien dabei zu unterstützen, um deine Gesundheit zu fördern und dich besser vor Krankheiten zu schützen.

Du hast die Wahl. Wie immer.
(JS)


Quellen und weiterführende Literatur

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