Riesen im Mundmikrobiom

Zuletzt aktualisiert: Okt. 23, 2025

Inocles: Riesige DNA-Ringe im Mundmikrobiom entdeckt

Im menschlichen Mundmikrobiom wurde eine neue Form genetischen Materials entdeckt: sogenannte Inocles. Das sind ringförmige DNA-Elemente, die innerhalb von Mundbakterien existieren und nicht zum Hauptgenom gehören. Was bedeutet das?

Forscher der Universität Tokio fanden heraus, dass fast 75 % aller Menschen solche Inocles in ihren oralen Bakterien tragen. Diese Entdeckung ist bemerkenswert, denn sie fügt dem Mundmikrobiom eine neue genetische Ebene hinzu. Sie hilft zu verstehen, wie Mundkeime sich an ihre wechselnde Umgebung anpassen und dabei unsere Gesundheit beeinflussen.

Ein Überlebenspaket für Bakterien

Inocles sind mit bis zu 395.000 DNA-Basenpaaren die größten bislang bekannten extrachromosomalen DNA-Elemente im menschlichen Mikrobiom. Plasmide, die üblichen kleinen DNA-Ringe von Bakterien, die ebenfalls nicht Teil des Bakterienchromosoms sind, umfassen dagegen meist nur wenige tausend Basenpaare. Inocles bringen entsprechend viele zusätzliche Gene mit, mit teils einzigartigen Funktionen. Ein echtes Überlebenspaket für Bakterien in der rauen Mundhöhle.

Im Unterschied zu den kleinen Plasmiden können sie wahrscheinlich nicht zwischen den Bakterien ausgetauscht werden (horizontaler Gentransfer), sondern werden nur bei der Zellteilung weitergegeben.

Warum wurden sie erst jetzt entdeckt?

Inocles blieben unentdeckt, weil Standard-Sequenzierungen die großen DNA-Stücke schlicht übersahen. Erst neue Sequenziertechnologien wie Long-Read-Technik und moderne Labormethoden brachten sie ans Licht.

Gibt es Inocles nur im Mundmikrobiom?

Bisher wurden sie vor allem dort entdeckt. In der Studie enthielten 74 % aller Proben solche Riesenringe in den Mundbakterien. Wahrscheinlich existieren sie aber auch in anderen Mikrobiomen des Menschen. In kleinen Mengen wurden sie bereits im Darmmikrobiom, in der Vagina und auf der Haut gefunden.

Welche Bakterien tragen diese Inocles?

Bisher hat man sie gesichert nur in Streptococcus salivarius nachgewiesen. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wird man sie auch in weiteren Bakterienarten finden, sobald weitere Arbeiten zu diesem Thema erfolgen.

Was haben die Bakterien davon?

Ihr Genpool wird deutlich erweitert. Die Bakterien erhalten sozusagen ein mächtiges Upgrade ihrer Fähigkeiten. Inocles tragen zwar keine essenziellen Gene, doch sie verleihen den Bakterien zusätzliche Fähigkeiten. Das ist ein klarer evolutionärer Vorteil. So hat man funktionelle Gene entdeckt, die eine Stressresistenz bewirken und die Bakterien vor oxidativem Stress schützen. Ebenso Gene, welche die Zellwandsynthese und die Interaktion mit den oralen Epithelzellen beeinflussen.

Gut oder böse?

Das ist eine entscheidende Frage. Die aktuellen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Fähigkeit, Inocles zu besitzen, positive Auswirkungen auf die guten Bakterien hat, da diese widerstandsfähiger werden. So hat man bei Krebspatienten festgestellt, dass die Anzahl der Inocles dort wesentlich reduziert war. Dies könnte bedeuten, dass die Inocles insgesamt den Wirt stressfähiger und weniger anfällig für Krankheiten machen.

Potenzielle Auswirkungen auf Gesundheit und Alltag

Die Forschungen sind noch ganz am Anfang. In diesem frühen Stadium ist es noch ganz normal, dass erste Hypothesen verworfen werden und neue hinzukommen. Trotzdem kann zumindest angedacht werden, was diese Entdeckung bedeuten könnte, auch wenn diese zum jetzigen Stadium bisher nicht datenbasiert sind.

Mundgesundheit

Inocles könnten der Mundflora helfen, widerstandsfähig zu bleiben. Die Entdeckung zeigt, dass Mundhygiene nicht bloß „Bakterienbekämpfung“ bedeutet. Künftig könnte man nützliche Keime mit solchen Extra-Genen eher fördern, statt sie mit alkoholischen Mundspülungen zu zerstören.

Vaginalmikrobiom

Sollten Inocles auch in anderen Mikrobiomen vorkommen, könnte das erklären, warum manche Frauen anfälliger für vaginale Dysbiosen sind als andere.

Ernährung

Inocles könnten ihren Wirtsbakterien helfen, auf wechselnde Umweltbedingungen in der Mundhöhle – etwa Veränderungen des pH-Werts oder Nährstoffangebots – flexibler zu reagieren. Dies würde nicht nur helfen, das Mundmikrobiom stabiler zu gestalten, sondern würde auch eine verbesserte Nährstoffaufnahme bedeuten.

Diagnostik

Bei bestimmten Krebspatienten wurden weniger Inocles im Speichel gefunden. Vielleicht taugen diese DNA-Ringe künftig als Frühwarnzeichen für Krebs. Künftige Tests würden nicht nur die Bakterienarten, sondern auch deren Inocle Status bestimmen. Dies würde dann deutliche Hinweise darauf geben, ob das Mikrobiom der untersuchten Person eine genetische Flexibilität und Regenerationsfähigkeit besitzt. Ein Inocle-reiches Profil könnte dann als ein Hinweis auf ein resilientes und gesundes Mikrobiom gelten.

Probiotika

Gute Mundbakterien mit Inocles könnten als besonders robuste Probiotika dienen – vorausgesetzt, solche DNA-Ringe lassen sich gezielt weitergeben.

Das Wichtigste auf einem Blick

  1. Inocles sind riesige DNA Ringe im den Bakterien des Mundmikrobioms
  2. Deine Mundflora ist komplex – achte auf gründliche Mundhygiene, aber verzichte auf alkoholische Mundlösungen.
  3. Inocles bieten den Bakterien riesige Vorteile: Sie könnten erklären, warum manche Menschen widerstandsfähiger gegen Krankheiten sind.
  4. Inocles wirken wie ein geniales Upgrade für Bakterien.
  5. Die Entdeckung zeigt, welche enorme Rolle das Mikrobiom spielt: täglich kommen neue Erkenntnisse hinzu.
  6. Künftig könnten Tests nicht nur die Bakterienarten, sondern auch deren Inocle-Status bestimmen.
  7. Das würde Hinweise geben auf die genetische Flexibilität und die Regenerationsfähigkeit des eigenen Mikrobioms.
  8. Ein „Inocle-reiches“ Profil könnte als Zeichen für ein resilientes, gesundes Mikrobiom gelten.

Achte deswegen auf ein gesundes Mikrobiom – kümmere dich darum!

Verwandter Artikel hierzu: Mundwasser im Kreuzfeuer

Quelle

Kiguchi, Y., Hamamoto, N., Kashima, Y. et al. Giant extrachromosomal element “Inocle” potentially expands the adaptive capacity of the human oral microbiome. Nat Commun 16, 7397 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-62406-5

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